Großbrandereignis bei Bestpool: Eine Zusammenfassung
Eine Woche ist es nun her, als auf dem Firmengelände des Unternehmens Bestpool an der Liebigstraße ein Brand ausgebrochen ist. Was ist seitdem passiert und welche Auswirkungen hat das Ereignis auf Steinhagen? Eine Zusammenfassung aus meinem persönlichen Blickwinkel.
Großbrand bei Bestpool
Die letzten Minuten des Ausschusses für Öffentliche Sicherheit und Ordnung am 7. Februar waren angebrochen, als plötzlich der Alarm auf einigen Meldern im Raum lautstark die Sitzung unterbrach. Die anwesenden Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr Steinhagen verließen eilig den Ratssaal. Ein Blick auf meinen eigenen Melder verriet: Großbrand Industrie bei Bestpool in der Liebigstraße. Gleich nach Beendigung der Sitzung fuhren Ordnungsamtsleiterin Ellen Strothenke und ich zum Einsatzort. Im Laufe der Nacht waren dort rund 200 Einsatzkräfte im Dienst.
Einberufung des Krisenstabs
Als sich in der Nacht herausstellte, dass aufgrund der in der Halle gelagerten Chemikalien dringende Maßnahmen zu ergreifen sind beriefen wir den sogenannten SAE ein. SAE, das bedeutet Stab für außergewöhnliche Ereignisse. Dieser bestand zunächst neben Ellen Strothenke und mir aus Stephan Walter, Jens Hahn, Dirk Gaßdorf, Annika Eilers sowie im Folgenden der Rufbereitschaft von Bauhof und Kläranlage. Nach einer ersten Lagebesprechung am Einsatzort verlagerten wir den Krisenstab gegen 3:30 Uhr ins Rathaus.
Erste Maßnahmen der Gefahrenabwehr
Im Rahmen der Gefahrenabwehr wurden zunächst Straßensperrungen eingerichtet. Diese mussten im Verlauf des frühen Morgens auch mit Mitarbeitenden des Bauhofs besetzt werden, da sie von Passanten schlichtweg aus dem Weg geräumt wurden. Noch in der Nacht informierte ich die Leitungen der Grundschule Amshausen und Kita Emmaus über die notwendigen Schließungen. Gleichzeitig erarbeiteten wir erste Informationen für die Öffentlichkeit.
Da zunächst große Mengen Löschwasser ungehemmt abgeflossen sind wurde und wird die Kläranlage engmaschig überprüft. Es konnte während der Löschmaßnahmen jedoch kurzfristig sichergestellt werden, dass das Löschwasser abgefangen wird, so dass eine weitere Belastung der Kläranlage ausblieb. Die Werte in der Kläranlage sind weiterhin stabil und in Ordnung, die Belebung hat offenbar keinen Schaden genommen.
Im Rahmen der Gefahrenabwehr entschieden wir außerdem gemeinsam mit dem Kreis Gütersloh und der Bezirksregierung Detmold die Reinigung der Straßen und öffentlichen Flächen bei Firma Zimmermann in Auftrag zu geben. Im Folgenden gaben wir außerdem, ebenfalls im Rahmen der Gefahrenabwehr, die Reinigung befestigter privater Flächen, die an öffentliche Flächen grenzen (Grundstückszufahrten, Zuwegungen, Einfahrten, etc. bis zur Haustür) in Auftrag.
Eine Woche später: Stand der Dinge
Die Straßensperrungen konnten schon kurzfristig wieder aufgehoben werden, Kita und Schule wurden zeitnah wieder geöffnet, auch die Freigabe des Bahnhofs erfolgte zeitnah.
Weiterhin gesperrt sind die Spielplätze im betroffenen Bereich sowie der Spielbereich der Grundschule Amshausen. Die Spielflächen werden erst dann wieder geöffnet, wenn eine vollständige Reinigung mit dem Ergebnis einer unauffälligen Beprobung stattgefunden hat.
Ein Großteil der Straßen und öffentlicher Flächen sowie der privaten Grundstückszuwegungen sind inzwischen gereinigt. Die letzten Reinigungen erfolgen nun bis Ende dieser Woche. Wer betroffen ist und feststellen muss, dass eine Reinigung der privaten befestigten Grundstückszuwegungen noch nicht erfolgt ist melde sich bitte im Laufe des Donnerstags unter 05204/997-0.
Unmittelbar nach dem Einsatz war und ist außerdem die Einsatzbereitschaft unserer Löschzüge wieder herzustellen. Die Fahrzeuge sind inzwischen weitestgehend gereinigt. Die Einsatzkleidung musste zum Teil neubeschafft werden.
Inzwischen hat der Kreis Gütersloh eine Allgemeinverfügung erlassen, die es dem Unternehmen Bestpool auferlegt die Reinigung der Flächen vorzunehmen bzw. mithilfe von Gutachten nachzuweisen, dass eine Gefährdung nicht mehr gegeben ist.
Welche Gefahr geht von dem weißen Zeug aus?
Durch den Brand und den in dem Unternehmen befindlichen Chemikalien hat sich in großen Teilen Amshausens und rund um das Firmengelände ein weißes Granulat abgesetzt. Bestpool produziert insbesondere Schwimmbadtechnik und Chlor zur Aufbereitung von Wasser. Seit dem Brand haben daher mehrfache Untersuchungen und Probenentnahmen durch ein unabhängiges Sachverständigenbüro und durch das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz – kurz LANUV – stattgefunden.
Die Gutachten kommen zu der Feststellung, dass es sich bei dem Granulat um Calciumhypochlorit handelt. Das ist ein alkalischer Stoff, also eine Substanz mit hohem pH-Wert. Die primäre Gefahr bestand daher in der oxidierenden Wirkung und der stark alkalischen Reaktion, die bei direktem Kontakt schädigend insbesondere für Pflanzen und Tiere sein kann.
Wir hatten es zunächst einmal mit einer chlorhaltigen Substanz zu tun, die offenbar bei direkten Haut- und Schleimhautkontakt zu Verätzungen führen konnte. Dieses zunächst trockene Granulat reagierte im Laufe der Zeit mit der Luftfeuchtigkeit, wurde damit zu einer schwieriger zu reinigenden, eher klebrigen Masse – nimmt aber auch gleichzeitig in ihrer ätzenden Wirkung ab.
Durch die Reaktion mit der Luft und der Luftfeuchtigkeit wird der Stoff stetig verdünnt und weiter neutralisiert, so dass die schädigende Wirkung innerhalb von Tagen nachlässt. Bereits am 9. Februar wurde lediglich noch ein pH-Wert von 8 bis 9 gemessen. Ein pH-Wert von 7 ist neutral.
Die Reinigung von Naturflächen, Grünland und Ackerflächen ist nicht möglich. Abgesehen von der eventuell akut schädigenden Wirkung auf Blätter sind aber laut Gutachten keine größeren Schäden zu erwarten. Kommt es in den nächsten Tagen zu den erwarteten Regenfällen, werden die restlichen oberflächlichen Stoffe abgespült.
Bis dahin gelten für noch nicht gereinigte Flächen aber weiterhin Vorsichtsmaßnahmen. Der direkte Hautkontakt mit der Substanz sollte auch weiterhin vermieden werden.
Schäden und Kosten
Viele betroffene Anwohnerinnen und Anwohner stellen Schäden an ihren Häusern, Gärten und PKW fest. Es entstehen Kosten für Reinigung, Reparatur, Begutachtung. Ich empfehle Ihnen unbedingt, sämtliche Schäden zu dokumentieren. Wenden Sie sich an Ihre Versicherungen um den Vorgang einzuleiten. Üblicherweise wendet sich die eigene Versicherung sodann an die Versicherung des Verursachers, in diesem Fall an die des Unternehmens Bestpool. In vielen Fällen sind die entsprechenden Vorgänge bereits eingeleitet. Mir sind jedoch auch Fälle bekannt, in denen der Weg über die eigene Versicherung nicht funktioniert. Ich habe die LVM als Versicherung von Bestpool daher ausdrücklich um eine zentrale Anlaufstelle für die Schadensmeldungen der Steinhagener Bürgerinnen und Bürger gebeten. Nunmehr bietet die LVM eine telefonische Erreichbarkeit für diese Fälle unter folgender Nummer an: 0251/7024716
Eine Woche im Krisenmodus
Eine Woche im Krisenmodus liegt hinter uns. Sorgen, Ängste und Fragen bei vielen betroffenen Anwohnerinnen und Anwohnern. Fragen, die auch seitens der Gemeinde nicht immer ohne Weiteres und sofort beantwortet werden können. Die Abwicklung der Schäden liegt in der Hand der Versicherung. Empfehlungen zum Umgang mit den chemischen Substanzen können wir nur mithilfe von Gutachten und anderer Behörden aussprechen.
Ich kann Ihnen jedoch versichern, dass die Mitarbeitenden der Gemeinde Steinhagen und ich nach Kräften daran arbeiten die bestmögliche Information der betroffenen Bürgerinnen und Bürger zu ermöglichen sowie die größtmögliche Sicherheit für diese herzustellen. Dabei kann ich im Rathaus und darüber hinaus in der gesamten Gemeindeverwaltung auf ein extrem belastbares und zuverlässiges Team setzen, das in dieser Ausnahmesituation hervorragend zusammenarbeitet.
Dafür und für den außergewöhnlichen Einsatz unserer Freiwilligen Feuerwehr und der weiteren Einsatzkräfte bin ich in diesen unruhigen Tagen sehr dankbar.
Foto: Westfalenblatt